Oder auch: personalisierte Werbung für meinen Standort

Tante Emma würde sich die Haare raufen. Schon wieder so ein neumoderner englischer Begriff „Location Based Advertising“. „Das ist doch nix anderes als Standortbezogene Werbung!“ würde sie hinter ihrer Theke sagen.

Zum Glück hat sich das Smartphone durchsetzen können, denn es ist unser ständiger Begleiter und daher unabdingbar für mich als Verbraucher, wenn ich via Location Based Advertising (LBA) angesprochen werden möchte. Laut Statista gab es 2018 rund 57 Mio. Smartphone-Nutzer allein in Deutschland.[1] Und unvorstellbar wird es zunehmend auch, sich nicht mehr mit dem Handy durch die Straßen zu navigieren auf der Suche nach dem einen Lokal in den kleinen Gassen.

LBA soll sich zum Standardrepertoire für Marketer entwickeln. Welche Funktionen stecken dahinter, wo erfolgt die Anwendung und wird es auch vom Endverbraucher akzeptiert? Wir riskieren einen Blick.

Location Based Advertising – Ein Versuch der Definition

Schauen wir zu Beginn, was sich hinter dem Begriff verbirgt. In seinem Whitepaper definiert das BVDW es so:

„LBA umfasst alle Werbeformen, die Nutzern auf ihrem mobilen Endgerät in Abhängigkeit ihres Aufenthaltsortes ausgeliefert werden. Der Aufenthaltsort kann hierbei sowohl über eine manuelle Angabe des Users als auch mithilfe technischer Messmethoden (u. a. IP, Wi-Fi, GPS) ermittelt werden.  Der  Einsatz  von  LBA  ist  sowohl  für  Display  und  Performance  als  auch  für  Search, Messaging, Social-Formate sowie weitere Formen der Ansprache möglich.“[2]

Somit ist es eine Ausprägung des standortbasierten Marketings. Mit Hilfe von Geo-Informationen erhält der Smartphone-Nutzer entsprechende Werbung auf sein Handy zugespielt, genau da wo er sich zum Zeitpunkt befindet.

Um dies zu erreichen unterscheidet die Literatur u.a. sechs sogenannte Targeting-Formen – weitere ergeben sich durch Kombinationen untereinander:

  • Geo-Targeting: Es werden Nutzer einer gewünschten Region anhand ihrer IP angesprochen.
  • Geo-Fencing bezeichnet eine „eingezäunte“ Fläche. Dabei werden Bewegungsprofile erstellt und je nachdem – ob die Fläche verlassen oder betreten wird – Informationen an den Smartphone-Nutzer gesendet.
  • Local-Content-Targeting spielt Werbung dann aus, wenn Sie regionale oder lokale Websites besuchen oder online Nachrichten dieser Region lesen.
  • Location-Social-Targeting: Der Aufenthaltsort des Smartphone-Nutzers lässt sich mittels Check-In in den Sozialen Medien (z.B. Facebook, Twitter etc.) feststellen, wenn ein Nutzer eine bestimmte Lokalität (z. B. Shop, Café) betritt.
  • Local-Context-Targeting: Bei dieser Form des Targetings wird Werbung ausgespielt, die zum aktuellen lokalen Kontext des Users passen in Abhängigkeit von Standort, Tageszeit und weiterer Datenquellen (POI, Events, Haushaltsdaten).
  • Proximity-Targeting: Hierbei ist eine App-Installation zur Ortung notwendig. Somit können Smartphone-Nutzer in einem begrenzten lokalen Umfeld angesprochen werden. Dabei kommunizieren Beacons (kleine Sender) mit dem Smartphone (Empfänger).

Und wie funktioniert Location Based Advertising?

Entscheidet Sie sich dafür LBA einzusetzen, so werden Ihre Werbeaktionen und Angebote auf sogenannten Location Based Advertising Plattformen erstellt. Über Webportale oder Apps können die Aktionen von Usern abgerufen werden. Das geschieht entweder nach manueller Eingabe eines Ortes / PLZ oder automatisch via GPS, wenn der User in unmittelbarer Nähe eines entsprechenden Angebotes ist.

Das eine Push-Nachricht ausgespielt werden soll, läuft in vielleicht nicht mal einem Wimpernschlag ab. Dahinter verbergen sich i.d.R. fünf Schritte:

  1. Geo-Positionsdaten ermitteln
  2. Umfeld- und Kontext-Daten für die Geo-Position heranziehen
  3. Demo- und psychografische Daten abrufen
  4. Interessen- und Nutzerprofil erstellen
  5. Angebote ausspielen

Location Based Advertising

Quelle: Comwrap

Best Practices

Mit dem Smartphone als ständiger Begleiter und der rasanten Verbreitung von ihm, gibt es bereits viele Branchen, die Location Based Advertising erfolgreich einsetzen. Um erfolgreich zu sein, muss es dem Nutzer wie immer einen relevanten Nutzen bringen, um nicht als Spam wahrgenommen zu werden. Die Einsatzmöglichkeiten des Location Based Advertising sind zahlreich. So finden sie sich u.a. wieder in / im:

  • Stationärer Handel: Navigation in Ladenlokalen, Click & Collect oder Rabatte für Laufkundschaft.
  • Gastronomie: Spezielle Angebote für Laufkunden, Click & Collect, dynamische Anpassung von Inhalten.
  • Veranstaltungen: Veranstaltungsinfos, Ticketbestellungen (Click & Collect), interaktive Promotionen.
  • Öffentliche Plätze und Institutionen: Informationen zu Flügen, Zügen oder dem Verkehr.

Nachfolgend einige Beispiele, bei denen LBA erfolgreich angewendet werden konnte.

Unternehmen Maßnahme – Effekt
Domino’s [3] Ansprache der Hotelgäste über Mobil Ads mit den Kontaktdaten der nächsten Filiale.
Gebrüder Heinemann [4] Über 200.000 Frequent Traveller wurden angesprochen und auf den Online-Shop geleitet. Ziel: den Einkauf auch von Zuhause zu erledigen
Stadtteil Durlach in Karlsruhe [5] An einem Wochenende erhielten alle von 50 teilnehmenden Händlern Push-Nachrichten, die ihnen Vorteile, Angebote oder besondere Erlebnisse bieten, sobald sie einem Geo-Fences zugewiesen wurden. Ergebnis: 5.409 versendete Nachrichten (30 % gelesen, 16,2 % führten zu  Transaktionen).
The Spirit of No Name City [6] Bewerbung eines Westernevents mit animierten Bannern. 12.000 Personen konnten erreicht werden. Das Besucheraufkommen war höher als die Jahre zuvor.
Vodafone [7] Banner-Werbung wurde  gezielt  an Geschäftsreisende,  Studierende  und  Sportfans ausgeliefert,  um  so  die  zielgruppenspezifischen  Tarife  zu bewerben. Die Klickrate konnte um ca. 48,8 % verbessert werden.
Ben & Jerry’s Zur „Taste & Tunes Tour 2014“ sollten in einem regional begrenzten Raum möglichst viele potenzielle Besucher zu den Event-Locations geleitet werden. Mit „O2 More Local“ wurden registrierte Kunden via MMS beworben.
Mc Donald‘s Mit Standort-Targeting wurden Smartphone-Nutzer zw. 14 und 30 Jahren im Umkreis von 2 km für eine Filiale aufmerksam gemacht und ihr Entfernung angezeigt. Die erzielte Klickrate mit 1,42 % war doppelt so hoch im Vergleich.

Akzeptanz und Datenschutz

Festzustellen ist, dass LBA international betrachtet von deutschen Unternehmen am häufigsten angewendet wird. Dabei achten wir Deutschen doch besonders auf den Schutz unserer Daten als die Amerikaner. So werden bei LBA personenbezogenen Daten in Form von Standortdaten erhoben. Und die geben Auskunft über den Aufenthaltsort der User.

Die DSGVO findet somit volle Anwendung – sofern sie nicht durch Anonymisierungstechniken ausgesetzt werden kann. So müssen Sie, wenn Sie sich dieser Werbemöglichkeit bedienen wollen, die Nutzung von Location Based Services gut begründen. Dabei ist es relevant, ob der Dienst für eine eigens darauf ausgelegte App oder eine allgemeine Unternehmens-App angeboten wird.

Ganz wichtig ist in jedem Fall eine Aufklärung und somit Informationspflicht, was mit den Daten Ihres Nutzers geschieht. Findet eine Profilbildung statt, so ist es unabdingbar, die in einem Vertrag transparent darzulegen.

Rechtsanwältin Kathrin Schürmann schreibt in einem Beitrag zum Thema: „Die nutzerfreundlichste Vorgehensweise, um Location Based Services zu rechtfertigen, stellt die Einholung von Einwilligungserklärungen dar. Einwilligungen gelten nach Artikel 7 DSGVO nur als wirksam erteilt, wenn diese freiwillig, für den konkreten Einzelfall, nach ausreichender Information und unmissverständlich abgegeben werden.“[8]

Location Based Advertising als ein gelungener Ansatz für Mobil Marketing?

Besonders das Beispiel in Durlach zeigt, dass der Einsatz von LBA auch für die Unternehmen sehr lukrativ sein kann. Über 50 % der teilnehmenden Unternehmen waren mit dem Projekt erfolgreich und 30 % können sich sogar vorstellen, so öfters Kunden in ihre Läden zu locken. Nicht nur Umsatzsteigerungen konnten verzeichnet werden, auch Geschäfte mit weniger guter Lage oder neue Shops konnten Kunden für sich gewinnen.

Das zeigt, dass Location Based Advertising besonders für regionale Unternehmen viele Chancen bietet, um sich gegen den steigenden Druck des Online-Handels zu stärken. So können regionale Händler mit Coupons, Rabatten oder anderen Aktionen nicht nur personalisierte sondern auch standortbezogene Werbung ausspielen. Die Relevanz für den Verbraucher ist am Ende viel höher! Daher sollte es im Interesse aller sein, sich mit dem Thema zukünftig auseinander zu setzen. Erreichen Sie Kunden, die schon ganz in Ihrer Nähe sind.

 

Quellen:

[1] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/198959/umfrage/anzahl-der-smartphonenutzer-in-deutschland-seit-2010/

[2] https://www.bvdw.org/fileadmin/bvdw/upload/publikationen/mobile/whitepaper_location_based_advertising.pdf  Seite 2, Stand: 12.06.2019

[3] https://thumbvista.com/2015/10/geofencing-case-study-dominos-geofences-for-mobile-ads-around-hotels/ Stand: 23.07.2019

[4] https://www.pilot.de/neuigkeiten/location-based-advertising-best-practices/ Stand: 23.07.2019

[5] https://digitales-durlach.de/ Stand: 23.07.2019

[6] https://ixtenso.de/retail-marketing/interessentensteigerung-fuer-event-durch-lokale-werbung-auf-smartphones.html Stand: 24.07.2019

[7] https://www.adzine.de/2014/06/location-based-advertising-vodafone-nutzt-mobile-audience-targeting-von-adsquare-adtechnology/ Stand: 24.07.2019

[8] https://etailment.de/news/stories/Location-Based-Services-Recht-Smartphone-Marketing-22262?utm_source=%2Fmeta%2Fnewsletter%2Flongread&utm_medium=newsletter&utm_campaign=nl2488&utm_term=7dc8ba1fb483784bbd6125233ef65165 Stand: 23.07.2019

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